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„Du mich auch...!“
Rechtstipps für den Umgang mit Beleidigungen Heute schon beleidigt
worden? — Nicht nur in der Politik, sondern auch „auf der Straße“
ist die Beleidigung ein Massendelikt. Manchmal ist es sinnvoll, verbale
Ausfälle nicht herunterzu-schlucken, sondern gerichtlich zu verfolgen.
Auch Politiker tragen ihre Beleidigungen schließlich öffentlich
aus. Das kann nicht nur Genugtuung verschaffen, sondern zudem taktisch
empfehlenswert sein.
Im Frühjahr wackelte
der Stuhl von Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Er hatte CDU-Generalsekretär
Laurenz Meyer an den Kopf geworfen, der habe nicht nur das Aussehen, sondern
auch die Mentalität eines Skinheads. Die meisten Beleidigungen von
Politikern, Journalisten und Kabarettisten sind nach Kein Recht zur Schmähkritik Allerdings sind reine Tatsachenbehauptungen mit beleidigendem Inhalt nicht von der freien Meinungsäußerung geschützt („Der Arzt Dr. Maier hat sich durchs Examen geschummelt“). Strafbar ist außerdem Schmähkritik. Wer jemanden mit übelsten Schimpfworten übergießt, macht sich strafbar, selbst wenn er die öffentliche Diskussion bereichert. Fazit: Wer öffentlich beleidigt wird, sollte sich gut überlegen, ob eine gerichtliche Verfolgung aussichtsreich ist. Leichter zu beurteilen sind dagegen alltägliche Beleidigungen: Der Vermieter beschimpft den Mieter im Flur als „Drecksschwein“, der Autofahrer zeigt einem Radler den „Stinkefinger“ — klare Beleidigungen. Hier verschafft Strafverfolgung oft Genugtuung, wie das Beispiel der Autofahrerin H. G. aus Berlin zeigt. Ein Autofahrer bremste nach einem Spurwechsel scharf. Frau G. hupte. Darauf rief er ihr zu: „Du Arschloch, Du Schwein!“ Frau G. erstattete Anzeige bei der Polizei. Die Beamten legten ihr Fotos vor; sie konnte den Fahrer zuordnen. Daraufhin kam das Verfahren zur Amtsanwaltschaft. Die teilte dem Beschuldigten mit, sie werde das Verfahren einstellen, wenn er innerhalb von zwei Monaten 500,-DM an die Justizkasse zahle. Der Beschuldigte stimmte zu. Manchmal kann der Beleidigte die Ehrverletzung auch in einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs einbringen. Motto: „Ich nehme meinen Strafantrag zurück, wenn Sie meiner Forderung nachkommen.“ Sinnvoll ist ein Vergleich Dies gelang Arbeitnehmer B. in einem Kündigungsschutzprozess. Nach der ungerechtfertigten Kündigung hatte der Geschäftsführer den B. beleidigt: „Sie sind ja unfähig!“ B. stellte Strafantrag. Der Geschäftsführer fürchtete um seinen Ruf. Um ihn zu einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht zu bewegen, bot B. ihm an, seinen Strafantrag zurückzunehmen. Die im Raum stehende Anzeige erhöhte übrigens die Bereitschaft, eine hohe Abfindung zu zahlen.... Sinnvoller als eine Privatklage vor dem Strafgericht ist meist ein außergerichtlicher Vergleich. Auch die Versöhnungschancen sind größer — wichtig, wenn die Parteien miteinander auskommen müssen. Steckbrief der Strafvorschriften Keine „Exoten“: Üble Nachrede und Verleumdung... Im Alltag werden beide Strafvorschriften
oft synonym verwendet. Üble Nachrede begeht, wer nicht erweislich
wahre Tatsachen über einen anderen behauptet oder verbreitet, die
diesen verächtlich machen. Beispiele: „Ich glaube, Herr Müller
hat den Chef bestohlen“; oder: „Ich habe gehört, Frau Maier feiert
auf den Malediven krank“. Ob die Behauptung wahr ist, muss der Strafrichter
herausfinden. Der Wahrheitsbeweis verschont aber nicht immer vor Strafe.
Wenn die (wahre) Tatsache nämlich in herabsetzender Weise behauptet
oder verbreitet wurde, ist eine Verurteilung wegen Beleidigung möglich
(§ 192 StGB). Strafschärfend ist, wenn der Täter die üble
Nachrede öffentlich begangen hat. Wechselseitige Beleidigungen Wenn zwei sich beleidigen, können beide straffrei sein Mancher, der in seiner Ehre verletzt ist, vergisst, dass er den Ehrabschneider ebenfalls beleidigt hat. § 199 StGB sieht vor: Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären. „Auf der Stelle“ ist nicht lediglich zeitgleich, sondern vor allem psychologisch zu verstehen: Die Erregung des zuerst Beleidigten muss noch andauern. Zulässig ist auch die Aufrechnung mit einer Beleidigung, die nicht mehr verfolgt werden kann, weil die Antragsfrist verstrichen ist. Der Richter entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen; eine Revision ist nicht möglich. „Straffrei“ heißt nicht: „freigesprochen“ sein! Beleidigungsprozesse Wie kommt der Beleidiger vor den Richter? Die Justiz verfolgt Beleidigungen nur, wenn der Verletzte (bei Amtsträgern: der Dienstvorgesetzte) binnen von drei Monaten einen Strafantrag stellt. Der Verletzte kann den Beleidiger mit einer Privatklage anklagen. Er verfolgt so den staatlichen Strafanspruch. Voraussetzung ist der erfolgloser Sühneversuch vor einem Schiedsmann. Kommt ein Sühnevergleich zustande, ist die Klage unzulässig. Der Staatsanwalt kann die Verfolgung übernehmen, jemand eine Privatklage erhoben hat. Er klagt von Amts wegen Beleidigungen nur bei öffentlichem Interesse an; etwa, wenn die Ehrenkränkung erheblich ist oder dem Verletzten wegen persönlicher Beziehungen zum Täter nicht zugemutet werden kann, eine Privatklage zu erheben. |
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